Sélection Perspectives

GUERMANTES

Paris im Sommer 2020: Schauspieler der Gruppe »Comédie-Française«, dem prestig-reichsten Theaters Frankreichs, üben ein neues Stück ein. Es ist eine Adaption von Marcel Prousts »Guermantes«. Als die Aufführung plötzlich abgesagt wird, entscheidet sich die Gruppe trotzdem weiter zu spielen, im Namen der Kunst und aus purer Freude am Spiel.

Christophe Honoré nimmt die Definition eines Films, also eine Neugestaltung des Raums und derer, die ihn zu einer bestimmten Zeit bewohnen bewohnen, wörtlich. Der Filmemacher sorgt für die Proben eines adaptierten Stücks von Prousts Werk, mit der Truppe der Comédie-Française, darunter die Schauspie-ler Laurent Lafitte und Dominique Blanc. Leider führt die Gesundheitskrise im Herbst 2020 zu einem Lockdown und mit ihm zum Ende der geplanten Show. Was tun? Aufgeben oder weiterspielen nur für die Schönheit des Spiels? Dieser schwebende Moment wird zum eigentlichen Material des Films. Alles ist wahr, alles ist falsch, alles ist erlaubt. Schauspieler und Regisseur Christophe Honoré bewegt seine Truppe durch die leeren Kulissen des Theaters. Unter diesen Be-dingungen ist jede Ecke ein vollwertiges Spielgebiet, das eine riesige, gren-zenlose Szene bildet. Der Ort ist kein Heiligtum mehr, sondern ein häuslicher Raum, in dem man miteinander lebt und spielt. Orte an denen Prousts Worte nicht mehr diesen einschüchternden Überhang haben. Orte, wo sich die Geis-ter aufwärmen, wo sich die Nacht ausdehnt, um die Geister hereinzulassen, wo die Körper tanzen, sich entfalten und atmen, um die Schwingungen der Erzählung in den Rahmen zu bringen. Guermantes ist ein intelligenter, erfri-schender und berauschender Film.
(lepremiere.fr)