Ciné Club français

L’HOMME D’ARGILE – DERTRÄUMER

Der 58-jährige Raphaël ist Hausmeister, Gärtner und Handwerker in einem abgelegenen, seit langem unbewohnten Herrenhaus im Wald, wo er mit seiner Mutter in einem Nebengebäude lebt. Er hat kaum Kontakt zur Außenwelt, abgesehen von Dudelsackproben mit einer Musikgruppe und Eskapaden im Wald mit der Postbotin. Zugegeben, seine massige Zyklopengestalt ist eher Quelle der Sorge als alles andere. Doch die Ankunft von Garance, seiner sehr freizügigen und eigenbrötlerischen Vermieterin, die auch unter dem Künstlernamen „The Blue Lady“ für ihre Performancekunst bekannt ist, bei der sie sich mit Metzgerschnitten selbst tätowiert, stellt Raphaëls Leben auf den Kopf und mit der Zeit auch sein Selbstverständnis. Denn während er seiner seltsamen Nachbarin auf den Fersen ist, stellt unser Protagonist bald fest, dass Garance ihn als Modell für ihre Tonstatuen ausgewählt hat. Aber ist er nur ein Golem in den Händen dieser Künstlerin, oder kann er es vielleicht auf mehr zu hoffen?
„Alles ist Leben, alles ist Kunst“. Die Regisseurin (die auch das Drehbuch geschrieben hat) bewegt sich mit dieser Geschichte, die die Normalität des menschlichen Daseins und den Einfluss der Meinung anderer auf uns hinterfragt, auf einem relativ ungewöhnlichen Terrain, indem sie das Märchen mit einem sehr bodenständigen Realismus vermischt und eine sehr persönliche Atmosphäre und ein sehr persönliches Tempo bietet. Ein riskanter, aber lohnender Ansatz für diesen sehr fesselnden Film, der seinen beiden charismatischen Hauptdarstellern viel zu verdanken hat und der das Auftauchen eines Filmemachers mit einer eigenen Stimme ankündigt. (Cineuropa)