Jüdische Filmtage

WEDDING BLUES

Beim gemeinsamen Abendessen stellt sich Oury seinen wohl härtesten Kritiker:innen und führt seinen beiden Ex-Frauen und seinen Kindern Filme vor: Das Video seiner ersten Hochzeit, die sein Ex-Schwiegervater und Chanson-Sänger Enrico Macias, zu einer einzigen Show um sich selbst machte. Sein erster Dokumentarfilm über einen Künstler, der sämtliche seiner Zeichnungen entsorgte, bevor er sie fertigstellte. Und der Film von Léah, seiner verstorbenen Tochter, den sie während ihres Krankenhausaufenthalts selbst drehte. Sie alle werden zum Ausgangspunkt einer Reflexion über Ourys Leben. Über die Beziehung zu seinem Vater und das komplizierte Verhältnis zu seiner Mutter, von der Kindheit bis zur Karriere: Nie habe er etwas wirklich zu Ende geführt, und das wolle er nun ändern. Dabei wird WEDDING BLUES zu seinem eigenen Making-of und zu einer filmischen Mise en abyme: Milshtein führt seiner Familie nicht nur die eigentlichen Filme vor, sondern auch die Aufnahmen, die beim jeweils letzten Abendessen entstanden sind. In dieser zutiefst persönlichen Geschichte stellt Oury Milshtein sich selbst in den Mittelpunkt – nicht wie sein Ex-Schwiegervater, sondern mit gewitzter und reflektierter Selbstironie – und eröffnet dennoch eine universelle Dimension: Es geht um Verlust, Trauer, Familie und das Gefühl des Ausgeschlossen-Seins. Dabei spiegelt die Prozesshaftigkeit des Films den oft langwierigen Umgang mit Abschied und Erinnerung wider. Was bleibt, was vergeht? Und kann man überhaupt Ordnung in das Chaos der Vergangenheit bringen? (JFBB)